Fast jedes fünfte Kind in BW von Armut bedroht

  Baden-Württemberg | BBQ

In Baden-Württemberg ist fast jedes fünfte Kind armutsgefährdet, in Stuttgart fast jedes Vierte. Die Corona-Pandemie könnte Bildungsungleichheiten verschärfen, so der Bericht des Sozialministeriums.

In Baden-Württemberg sind Unter-18-Jährige im Vergleich zur Gesamtbevölkerung stärker belastet: 19 Prozent von ihnen sind armutsgefährdet, in der Gesamtbevölkerung sind es 16 Prozent. Das geht aus dem Bericht über Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen hervor, den Gesundheits- und Integrationsminister Manfred Lucha (Grüne) am Samstag vorstellte.

Erkennbare Faktoren für hohes Armutsrisiko
Ein besonders hohes Armutsrisiko haben Kinder von langzeiterwerbslosen Eltern (77 Prozent) und von Alleinerziehenden (41 Prozent), hieß es. Auch fast ein Drittel der Kinder in kinderreichen Haushalten (32 Prozent) und Kinder mit Migrationshintergrund (30 Prozent) gelten als gefährdet. Rund 14 Prozent der armutsgefährdeten Haushalte mit Kindern gaben an, die Wohnung nicht angemessen heizen zu können. In mehr als einem Drittel der Fälle konnten abgewohnte Möbel nicht ersetzt werden.

Zu wenig Geld für Freizeitangebote
Zu sozialer Integration und Beteiligung von Jugendlichen besagt der Bericht, dass 16 Prozent der Jugendlichen nach eigenen Angaben zu wenig Geld haben, um die gewünschten Freizeitangebote wahrzunehmen. Kostenlose Angebote vor Ort seien vielen Jugendlichen nicht bekannt. Im Bereich Gesundheit fiel im Bericht auf, dass im Rahmen der Einschulungsuntersuchungen im Jahr 2019 bei über einem Viertel (27 Prozent) der 5-Jährigen in Baden-Württemberg eine auffällige Grobmotorik festgestellt wurde.

Regionale Unterschiede bei Armutsgefährdungsquote
Innerhalb Baden-Württembergs zeigen sich laut Ministerium "erhebliche regionale Unterschiede bei der Armutsgefährdungsquote von Kindern und Jugendlichen". Am höchsten ist die Quote in der Landeshauptstadt: In Stuttgart liegt sie bei 23,7 Prozent. Am niedrigsten in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg (19,9 Prozent). Im Bundesvergleich liegt Baden-Württemberg bei der Armutsgefährdungsquote bei unter 18-Jährigen leicht unter dem Bundesdurchschnitt (20,5 Prozent). Am höchsten liegt die Quote in Bremen (31,5 Prozent), am niedrigsten in Sachsen (15 Prozent).

Corona-Pandemie könnte Ungleichheit verschärfen
Der Bericht warnt zusätzlich vor möglichen langfristigen negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen aus armutsgefährdeten Familien. Bildungsungleicheiten könnten sich verschärfen. Kinder und Jugendliche könnten vermehrt unter psychischen Krankheiten leiden. Damit Kinder gut aufwachsen könnten, sei neben finanziellen Hilfen auch eine öffentliche Infrastruktur nötig, "die eine gleichberechtigte Teilhabe aller Kinder ermöglicht", sagte Minister Lucha. Um Stigmatisierungen zu vermeiden und die Folgen von Armut zu begrenzen müssten Fachkräfte in Kitas und Schulen eine Sensibilität für Armut haben.

Aktuelle Studienergebnisse legen laut Bericht auch nahe, dass die Beschränkungen während der Corona-Pandemie durchaus ein Risiko für die Gesundheit von Kindern darstellt.

Gegen Kinderarmut sind laut dem Bericht kommunale Präventionsnetzwerke ein wichtiges Mittel. Sie sollen verhindern, dass sich Armutsgefährdung im Kindesalter nicht nachteilig auf die Chancen im gesamten weiteren Leben auswirkt. Das Land stelle mit einem aktuellen Förderprogramms daher 600.000 Euro bereit, mit denen der Aufbau und Ausbau solcher Netzwerke unterstützt werden soll, hieß es.

Das Projekt „Kinderreporter“ wurde von der BBQ Bildung und Berufliche Qualifizierung gGmbH im Auftrag des Ministeriums für Soziales und Integration Baden-Württemberg durchgeführt. Beteiligt wurden insgesamt ca. 30 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 9 und 18 Jahren an den
Standorten Friedrichshafen, Reutlingen und Tübingen.

Hier finden Sie den ganzen Bericht "Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen in Baden-Württemberg" des Sozialministeriums Baden-Württemberg. Den Beitrag über die Kinderreporter finden Sie ab Seite 71.

Zurück

Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen in Baden-Württemberg