Ilas Jha war erst 14 Jahre alt, als er sich dazu entschloss, nach Europa zu fliehen. Die Willkür der Polizei, keine Aussicht auf Arbeit: Gründe gab es für Ilas Jha viele, seine Heimat Gambia zu verlassen. Durch Senegal, Mali, Burkina Faso und Lybien floh er zusammen mit einem Bekannten nach Europa. Zwei Jahre dauerte seine Flucht, bis er in Deutschland – genauer in einem Erstaufnahmezentrum in Karlsruhe – ankam. Mehr erzählt er nicht von seiner Flucht, es gehe ihm aber heute richtig gut, sagt der 23-Jährige. Flashbacks habe er keine. „Das ist nicht bei allen so. Manche Geflüchtete leiden lange darunter“, sagt Eberhard Fuchs von dem Projekt Integration durch Ausbildung des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg.
Lesen und Schreiben erst in Deutschland gelernt
Sein erster Asylantrag wurde abgelehnt. In Deutschland bleiben durfte er trotzdem, denn er war noch nicht volljährig. „Sein junges Alter hat ihn geschützt“, sagt Fuchs. „Unbegleitete minderjährige Geflüchtete dürfen nicht abgeschoben werden.“ Fuchs lernte Ilas Jha in Hechingen kennen, dorthin verlegten die Behörden den damals 16-jährigen Gambier. Dort besuchte er an der damaligen Alice-Salomon-Schule (heute berufliches Schulzentrum Hechingen) eine Vabo-Klasse, die Abkürzung steht für Vorbereitung auf Ausbildung und Beruf ohne Sprachkenntnisse.
In diese Klassen geht Fuchs, er hilft den Geflüchteten, sich auf Praktikums- und Ausbildungsplätze zu bewerben. So lernten sich auch Eberhard Fuchs und Ilas Jha kennen. Der Gambier konnte mit der Hilfe von Fuchs ein Praktikum im Restaurant Mauganeschtle machen und bekam danach das Angebot, dort eine Ausbildung zum Koch zu machen, die er 2018 begann. „Das ist beachtlich“, sagt Christel Rösch, die zusammen mit ihrem Mann Inhaberin vom Hotel am Schloss und dem Mauganeschtle ist. Denn Ilas Jha musste nicht nur Deutsch lernen – sondern auch Lesen und Schreiben. In Gambia besuchte er nur drei Jahre lang eine Koranschule, weswegen er sich neben seiner Muttersprache Wolof auch auf Arabisch verständigen kann. Nach seinem Schulabschluss 2018 in Hechingen hatte er bereits das Sprachniveau B1 erreicht.
Auf der Arbeit Spätzle, zuhause Reis
Internationale Küche steht nicht auf dem Programm vom Mauganeschtle. Schwäbisches Essen, dafür ist das Restaurant bekannt. Jeden Tag bereitet Ilas Jha dort für die Gäste Spätzle zu. Er selbst isst den Schwäbischen Klassiker ebenfalls gerne, zusammen mit Rostbraten. Auch das ein oder andere Schwäbische Wort hat er schon übernommen: Ein bissle statt ein bisschen sagt er zum Beispiel. Vielleicht ein Zeichen dafür, dass er hier heimisch geworden ist. Seine Familie vermisse er trotzdem, sagt Ilas Jha. Kontakt hält er über das Handy, über Whatsapp und Facebook etwa.
Im November vergangenen Jahres schloss er seine Ausbildung zum Koch ab und wurde übernommen. „Er kocht die Speisekarte rauf und runter, das ist kein Thema“, sagt Rösch. Trotz seines Berufs stellt Ilas Jha sich zuhause auch nochmal an den Herd. Dann gibt es aber keine Maultaschen oder Spätzle, sondern zum Beispiel ein typisches gambisches Gericht: Reis, Hühnchen und Erdnuss-Soße. Auf die Speisekarte im Mauganeschtle hat es das Gericht aber nicht geschafft. „Das passt einfach nicht“, sagt Rösch. „Mit Reis tun wir uns schwer.“ Der sei in der Schwäbischen Küche nicht so verankert.
Sechs Jahre Ungewissheit
Mit der Übernahme hat sich auch der Aufenthaltsstatus von Ilas Jha nach sechs Jahren Ungewissheit geklärt. Durch die gesetzliche „3+2 Regelung“ hat er nun eine Aufenthaltserlaubnis, zunächst auf zwei Jahre befristet. Eberhard Fuchs ist aber zuversichtlich: „Jetzt ist Ilas Jha sicher. Wenn er sich nichts zu Schulden kommen lässt, gibt es keinen Grund, ihn abzuschieben.“
Mit freundlicher Genehmigung der Autorin Carolin Albers und des Schwäbischen Tagblatts.